Kolumne Dr. Bernhard Jünemann. | Der Charme von drei Prozent.
Im Prinzip ist es mit Anleihen doch so einfach: Es gibt einen festen Zins, und am Ende der Laufzeit wird das eingesetzte Geld vom Schuldner mit Zinsen zurückgezahlt. Wer Schuldner mit hoher Bonität wählt, minimiert die Gefahr, dass dieser insolvent wird und nicht zurückzahlen kann.
Doch leider ist es in der Realität etwas komplizierter. Denn steigern die Notenbanken die Zinsen so drastisch, wie es für die Bekämpfung der Inflation nötig erscheint, verfallen die Kurse bestehender niedrig verzinster Anleihen. Wer dann nicht bis zur Endfälligkeit warten kann oder will, muss kräftige Kursverluste beim Verkauf der Anleihen hinnehmen. Im Extremfall kann das für Gläubiger sehr gefährlich sein, wie das jüngste Bankenbeben wieder mal gezeigt hat.
Das wurde der Silicon Valley Bank in Kalifornien zum Verhängnis. Sie hatte die Flut der Kundengelder in kaum verzinste Anleihen investiert. Als die Kunden verstärkt ihr Geld zurückforderten, musste die Bank ihre Anleihen mit massiven Verlusten verkaufen. Die Risikopuffer reichten nicht mehr aus. Das Institut wurde insolvent.
Und wenn eine Bank fällt, leiden gleich auch andere, erst recht, wenn sie sich durch die Ausgabe von Nachrang-Anleihen Geld besorgt hatten. Mit diesem Schuldschein-Typ müssen sich Gläubiger im Falle einer Insolvenz mit ihren Forderungen ganz hintenanstellen und gehen wahrscheinlich leer aus. Kein Wunder, dass die Bankenwelt kurzzeitig bebte und mit vielerlei Garantien von den Regierungen beruhigt werden musste.
Wie stellt sich vor diesem Hintergrund die Anlagestrategie in Anleihen dar? Das Gute ist zunächst, dass es überhaupt wieder Zinsen gibt. Anlegerinnen und Anleger können somit auf Endfälligkeit setzen und zwischenzeitliche Kursverluste einigermaßen gelassen wegstecken. Zudem ist die Gefahr, dass es weiter kräftig steigende Notenbankzinsen gibt, überschaubar. Nach den massiven Aktionen im vergangenen Jahr dürfte sich der Zinserhöhungszyklus dem Ende zuneigen. Weitere Kursverluste sollten sich so im Rahmen halten.
Wer nun mittlere Laufzeiten wählt, kann je nach Emittent schon wieder drei Prozent Rendite erzielen. Das ist angesichts der immer noch hohen Inflation natürlich nicht ausreichend, um den Kaufkraftverlust zu kompensieren, aber besser als überhaupt nicht zu investieren. Für Versicherungen zum Beispiel, gilt ein Zinsertrag von vier Prozent als ausreichend für den nachhaltigen Geschäftserfolg. Dieses Niveau scheint bald erreicht, so dass die Nachfrage nach Anleihen allmählich stärker anziehen sollte. Das sollte die Kurse auch bei weiteren Zinserhöhungen stabilisieren.
Wie sieht es mit der Investition in Anleihe-ETFs aus? Sie gibt es ja mit unterschiedlichen Laufzeitenbändern und Schuldnerbonitäten. Der Vorteil ist klar, dass eine breite Schuldnerdiversifikation hilft, das Einzelrisiko von einer Insolvenz zu nivellieren. Aber die im Fonds enthaltenen Anleihen reagieren unmittelbar auch negativ auf Zinserhöhungen. Fallende ETF-Kurse sind die Folge. Ein Trost: Nach und nach werden die ausgelaufenen Anleihen im Fonds durch neue höher verzinste ersetzt, so dass die Renditen allmählich steigen. Um aber das kurzfristige Risiko von Kursverlusten zu minimieren, empfiehlt sich, zunächst die Anlage in kürzeren und mittleren Laufzeiten und dann später, wenn der Zinszyklus am Ende ist, wieder auf längere Laufzeiten zu setzen.
Hilfreich ist, dass mit Hilfe von Anleihen das Risikoprofil von Portfolios wieder besser ausbalanciert werden kann. Denn Aktien bieten zwar langfristig die bessere Rendite, sind aber bekanntlich schwankungsintensiver. Da können Rentenprodukte mit geringeren Schwankungen und sicheren drei Prozent ein wirksamer Baustein zur Gestaltung des Risikomanagements sein.
Hilfreich ist, dass mit Hilfe von Anleihen das Risikoprofil von Portfolios wieder besser ausbalanciert werden kann.