Kolumne Dr. Bernhard Jünemann |
Stiller Wegbereiter

Anfang 2024 feierte der Euro Jubiläum, oder eher nicht. Er wurde zwar 25 Jahre alt, doch kaum jemand schien es zu bemerken. Kein Wunder, denn der Euro wurde 1999 zunächst als reine Verrechnungseinheit eingeführt. Sichtbar wurde er erst 2002 als das Bargeld in Umlauf kam. Dennoch wurde 1999 die Grundlage für einen gemeinsamen Währungsraum geschaffen, der nach einem viertel Jahrhundert als Erfolgsgeschichte gelten kann. Er hat mehrere Stürme, so zum Beispiel die Finanzkrise 2008 und die griechische Staatsschuldenkrise 2010, ohne große Blessuren überstanden. Heute ist der Euro die zweitwichtigste Devise nach dem Dollar.

Mit der Einführung eines gemeinsamen Währungsraums 1999 wurde auch die Grundlage für eine weitere Erfolgsgeschichte des europäischen Finanzmarktes gelegt: der Exchange Traded Funds, der ETF. Die ersten Fonds gab es ein Jahr später in mehreren europäischen Ländern. In Deutschland wurden die ersten zwei ETFs an der Deutschen Börse notiert. Indexfonds waren nichts Neues. Sie gehen auf John Bogle in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zurück. Doch erst mit der Standardisierung im Handel Anfang der neunziger Jahre und dank geringer Kosten wurden sie in der Form des ETF zum riesigen Erfolg.

Das bestätigte sich auch in Europa. Bei den ETFs funktionierte der Finanzmarkt mit einer gemeinsamen Währung weitgehend reibungslos, egal ob die neuen Instrumente in Deutschland oder in Irland aufgelegt wurden. Jahr für Jahr wuchs das verwaltete Vermögen, nur kurz unterbrochen durch die Finanzkrise 2008. Heute weisen die europäischen Fonds 1,7 Billionen Euro Assets under Management auf. Rund 2000 ETFs sind in Europa gelistet, 1500 werden an der Deutschen Börse gehandelt.

Zunächst war der ETF-Markt durch institutionelle Anleger und Anlegerinnen geprägt. Sie erkannten sofort die Vorteile geringer Kosten und schneller Handelbarkeit. Privatanlegende waren eher die Ausnahme. Umso gewagter erschien die Aussage der damaligen Morgan Stanley Analystin Deborah Fuhr, die ich 2005 interviewte: „ETFs werden zum Massenprodukt – jeder wird sie nutzen.“ Aber genauso ist es gekommen. Die junge Generation, die heute ins Berufsleben eintritt, fragt verstärkt nach einfachen Anlagemöglichkeiten und greift zum ETF. Dazu tragen die günstigen Sparplanangebote bei. Sie wurden zunächst durch die Direktbanken gefördert, dann durch die Robo-Advisors, die digitalen Vermögensverwalter, und schließlich durch sogenannte Neo-Broker, die mit Anlagemöglichkeiten ohne Gebühren locken – auch wenn diese, wie wir inzwischen wissen, nicht so kostenlos sind, sondern über Handelsgebühren versteckt einberechnet werden.

Das Fondsangebot stellt sich inzwischen breit diversifiziert dar: klassische Indexfonds, Themenfonds, gehebelte Produkte, nachhaltige Fonds mit ESG-Filter, Strategie-ETFs und schließlich aktive ETFs, die sich nach bestimmten Regeln dem Marktgeschehen anpassen. Manch einer mag über zu viel Auswahl klagen, die meisten schätzen das breite Angebot.

Die stärkere Nutzung von ETFs hat zuletzt zu mehr warnenden Stimmen geführt. ETFs könnten die Volatilität erhöhen, zu riesigen Verkaufswellen führen und Krisen unbeherrschbar machen. In der Tat muss man Risiken im Finanzmarkt immer im Blick haben. Aber ETFs haben solche Krisen bisher gut gemeistert.

Auch Market Maker bestätigen, dass der Handel in Krisen bisher gut funktionierte, …

Sie können im Prinzip zwar nicht liquider als das Underlying sein, also Aktien, Anleihen oder Rohstoffe. Aber in manchen Fällen – zum Beispiel bei großen Anleihepaketen – haben sie sich als robuster erwiesen als der direkte Handel mit dieser Anlageklasse. Auch Market Maker bestätigen, dass der Handel in Krisen bisher gut funktionierte, auch wenn Investierende nicht immer den gewünschten Preis bekamen.

Was bringen die nächsten 25 Jahre? Für den Euro sind die Aufgaben klar: Der gemeinsame europäische Finanzmarkt muss noch über die gemeinsame Währung hinaus vollendet werden. Das erfordert viel Abstimmung. Da sind die ETFs schon viel weiter. Mit ihnen wird die individuelle Geldanlage nicht in jedem Fall besser, aber viel leichter umsetzbar.

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