Kolumne Dr. Bernhard Jünemann. | Klein, aber oho!
„Small is Beautiful“ heißt eine Untersuchung des britischen Ökonoms E. F. Schumacher 1973. Das Buch gilt als Klassiker eines Plädoyers für Nachhaltigkeit, und der Titel wurde zum geflügelten Wort. Auch an der Börse wurden seine Ideen aufgenommen, vor allem der Vergleich zwischen großen und kleinen Organisationen. Small Caps und Mid Caps als Kennzeichnung der Unternehmensgröße haben sich zum Standard entwickelt und dienen als Vorlage von Anlagestrategien. In der Tat sind im langfristigen Vergleich die Aktien der kleinen und mittleren denen der großen Unternehmen, der sogenannten Blue Chips oder Large Caps, überlegen – gemessen an der Kursentwicklung.
Das hat sich in jüngster Zeit wieder bestätigt. Seit 2009 nach der Finanzkrise hat der DAX bis heute trotz aller Schwächeanfälle Gewinne von 273 Prozent vorgelegt. Wer stattdessen auf den MDAX mit den mittleren Unternehmen gesetzt hat, erzielte beeindruckende 463 Prozent. Der SDAX mit den kleinen Aktien war fast ebenso gut mit einem Plus von 428 Prozent.
Der Größeneffekt gilt als zuverlässiges Strategiemerkmal über alle Zyklen hinweg. Kleinere Werte gehören somit in ein gut sortiertes Portfolio und sind ein Performancetreiber. In den USA ist der Vorteil der Small-Cap- zu Large-Cap-Indizes nicht ganz so stark ausgeprägt, weil der Standardindex S & P 500 so breit ist, dass er schon viele der performancestarken mittleren Unternehmen enthält.
Warum die Kleinen die Großen an der Börse schlagen, wurde ausführlich untersucht. Zum einen ist es die geringere Marktkapitalisierung der Small Caps, die Kaufwellen kursmäßig verstärkt. Zum anderen sind viele der kleineren Unternehmen sehr gut fokussiert aufgestellt und agieren oft deutlich flexibler als die großen Tanker. Viele von ihnen gelten zudem als „Hidden Champions“, die Weltmarktrang haben, ja sogar häufig in ihrem Geschäftsbereich Weltmarktführer sind. „Klein, aber oho!“, heißt es dazu im Volksmund.
Es gibt aber auch Nachteile. Nicht jedes der kleinen Unternehmen ist finanziell so robust aufgestellt, dass es Konjunkturkrisen wegstecken kann. Da sind größere Firmen mit einer breiten Kapitalbasis meist besser dran. Mittlere Unternehmen können die Vorteile beider Welten vereinen und mehr Stabilität als die kleineren bieten.
Solche Konjunkturrisiken führen dazu, dass sich Anlegerinnen und Anleger in Börsenkrisen schneller von den Small Caps trennen, so dass die Kurse kräftiger fallen als die der Large Caps, erst recht, wenn sich vorher durch die gute Entwicklung der Kleinen erhebliche Kursgewinne angesammelt haben. Dann gilt: Nur realisierte Gewinne sind sicher, und entsprechend sind Verkaufswellen bei Small Caps besonders stark.
Blicken wir auf die vergangenen zwei Jahre mit Pandemie, Krieg in der Ukraine, Inflation und Rezessionsgefahren. Nach guten Gewinnen begannen die Börsenindizes im September 2021 zu fallen und erreichten Ende September 2022 ihren Tiefpunkt. In dieser Zeit verlor der DAX 23 Prozent. MDAX und SDAX gaben 38 Prozent nach. Der MSCI Europe Small Cap verlor sogar 45 Prozent. Der Russel 2000 für amerikanische Small Caps kam mit minus 30 Prozent glimpflicher davon.
Seitdem haben sich die Kurse wieder erholt, in der Regel vom Tiefpunkt um 30 Prozent. Da ist aber, gemessen an den Hochpunkten vom September 2021 noch deutlich mehr drin, vorausgesetzt das Wachstum der Wirtschaft stabilisiert sich, wie es zurzeit auch scheint.
Das Angebot entsprechender ETFs ist umfangreich. Die schönen Kleinen lassen sich so günstig im Paket kaufen.“Es lohnt sich also, Small und Mid Caps wieder stärker in den Fokus zu nehmen. Wer sich nicht die Mühe machen will, sich die besten Werte herauszupicken, ist mit einem breiten Mid- und Small-Cap-Index gut bedient. Das Risiko einzelner krisenanfälliger Unternehmen wird so nivelliert. Das Angebot entsprechender ETFs ist umfangreich. Die schönen Kleinen lassen sich so günstig im Paket kaufen.
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