Interview mit Anja Fust und Roland Kirchhoff |
„Konservativ und auch innovativ“

Anja Fust und Roland Kirchhoff sind für das Portfoliomanagement der Stadtsparkasse Düsseldorf zuständig und betreuen unter anderem zehn eigene Publikumsfonds. Wo und wie setzen sie ETFs ein?

Wer sind Ihre Kundinnen und Kunden? Dazu gehört ja normalerweise auch die Sparkasse selbst mit ihren Eigenanlagen im sogenannten Depot A.

Kirchhoff: Unsere Fonds richten sich an Privatkunden, Firmenkunden sowie institutionelle Kunden wie zum Beispiel Stiftungen und Versorgungswerke. Für sie betreuen wir Spezialfonds sowie zehn Publikumsfonds mit unterschiedlichen Risikogewichtungen. Zur Produktpalette gehören reine Renten- und Aktienfonds sowie diverse Mischfonds mit unterschiedlichen Aktien- und Rentenanteilen. Unser Haus ist auch in jedem der Fonds mit eigenem Geld vertreten. Das Investment der Stadtsparkasse ist dabei langfristig und soll die Interessenidentität mit dem Kunden zeigen

Gibt es für alles eine übergeordnete Anlagephilosophie?

Fust: Ja, das kann man durchaus sagen. Dazu gehen wir mal 20 Jahre in die Anfangszeit zurück, als wir entschieden haben, Fonds anzubieten, die wir selbst beraten. Man hatte damals erkannt, dass die Kunden sehr viel mit ihrer Sparkasse verbindet. Einerseits waren wir konservativ für unsere Eigenanlagen aufgestellt, aber wir haben auch neue innovative Konzepte genutzt. Unsere Kundengruppen sagten damals, so würden wir auch gerne anlegen. Das war die Geburtsstunde des Portfoliomanagements: im Prinzip konservative Anlagen, aber auch Nutzung innovativer Konzepte und alles zusammen mit einem stringenten Investmentprozess.

Dann betrachten wir Ihre Fonds genauer. Welche Anlageklassen und Produkte sind vertreten und wie international agieren sie als regionale Sparkasse?

Kirchhoff: Im Fokus sind ganz klar Aktien, Renten und Derivate zur Absicherung, also Futures und Optionen. In Aktien und Renten investieren wir größtenteils über Einzeltitel und ETFs. Zwei Fonds sind regional auf Europa beschränkt, der Rentenfonds und ein Mischfonds mit 30 Prozent Aktien und 70 Prozent Renten. Im europäischen Rentenfonds konzentrieren wir uns ausschließlich auf Staatsanleihen. Die anderen Publikumsfonds sind weltweit unterwegs und bilden ein breites Anlageuniversum ab. Regional investieren wir auf der Aktienseite in Industrieländer und Schwellenländer. Auf der Rentenseite liegt der Fokus auf Staatsanleihen, Pfandbriefen sowie Unternehmensanleihen, diese durchaus auch zum Teil mit High-Yield-Fokus. Es werden auch Staatsanleihen aus den Schwellenländern beigestreut und US-Anleihen können ebenfalls erworben werden

Was decken Sie alles mit ETFs ab?

Fust: Die ETF-Nutzung ist abhängig von den einzelnen Fondsausprägungen. Natürlich haben wir auch Mandate, für die wir Einzeltitel wählen. Dann werden aber auch ETFs beigemischt. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn ein Fonds drei Prozent Japan haben soll, dann ist der Fonds meist nicht groß genug, um dies mit Einzeltiteln umzusetzen. Dann mischen wir ETFs bei, um den Markt besser abzubilden. Wir haben drei große Multi-Asset-Fonds, die überwiegend in ETFs investieren. Im Vordergrund steht die strategische Allokation, mit der wir in verschiedenen Regionen über Branchen, Länder und Themen oder andere Satelliten streuen. Die taktische Allokation wird in diesen drei Fonds über Derivate gesteuert.

Wie viel kommt da an Assets under Management zusammen?

Kirchhoff: Das Volumen unserer Fonds insgesamt beträgt rund eine Milliarde Euro. Die eine Hälfte davon entfällt auf ETFs, die andere auf Einzelinvestments.

Wie wählen Sie die ETFs aus? Es gibt ja unterschiedliche Indizes, Anbieter und Kennzahlen.

Kirchhoff: Prinzipiell nutzen wir ETFs von allen großen ETF-Anbietern, zu denen wir auch einen engen Kontakt haben. Bei der Auswahl kommt es für uns vor allem auf die Kosten an, auch die Kosten im Handel. Die Geld- und Brief-Spannen sollten nicht zu groß sein. Die sind ja auch abhängig von der Liquidität. Dann ist für uns die Replikationsmethode wichtig. Wir bevorzugen die physische Replikation, bei der Aktien und Renten physisch hinterlegt sind. Werden die Fonds als ausschüttend und thesaurierend angeboten, neigen wir zur Ausschüttung. Klar, alle unsere Fonds sind ausschüttungsfähig, entsprechend benötigen wir regelmäßige Erträge.

Ein weiteres Entscheidungskriterium heißt Plain-Vanilla oder Strategie-ETFs. Oder sogar aktive ETFs. Was setzen Sie ein?

Fust: Wir fokussieren uns auf Plain-Vanilla, weil wir diese dann zur taktischen Steuerung auch gut absichern können. Aber es gibt durchaus Phasen, in denen bestimmte Strategien interessant sind. Wir haben auch schon Low-Volatility-ETFs oder dividendenstarke Fonds gekauft, wenn dafür eine gute Marktphase vorherrschte. Auch aktive ETFs schauen wir uns an, vor allem, wenn sie Enhanced ETFs sind, die bei der Auswahl weitere Faktoren einbeziehen. Das gilt vor allem für das Thema Nachhaltigkeit bei Renten.

Dann sind wir schon beim großen Thema Nachhaltigkeit generell. Dazu müssen Sie ja auch aktiv beraten. Wird das angenommen?

Fust: Das Thema hat bei uns im Haus einen großen Stellenwert. Bei den Spezialfonds liegt Nachhaltigkeit klar im Ermessen des Investors. Bei unseren Publikumsfonds setzen wir unsere vom Haus festgelegten Nachhaltigkeitsfaktoren um, die manchmal auch über das klassische Marktthema hinausgehen. Inzwischen sind die meisten SSKD-Fonds von uns auf Artikel 8 umgestellt, haben also einen nachhaltigen Bezug. Zur Resonanz kann man sagen, dass Rückmeldungen unserer Berater unterschiedlich sind, da nicht jedem Kunden das Thema wichtig ist. Wir unterstützen hier die Berater und erläutern die Bedeutung der nachhaltigen Faktoren.

Lassen Sie uns über das Thema Risikomanagement sprechen. Sie haben ja schon Derivate zur Absicherung erwähnt. Wie managen Sie konkret das Risiko über Diversifikation hinaus?

Fust: Risikomanagement ist bei uns eine zentrale Instanz für die Eigenanlagen wie für die Publikumsfonds. Wir erhalten verschiedene Risikokennzahlen von den Kapitalverwaltungsgesellschaften. Wir haben auch einen Anbieter beauftragt, der uns eigene Risiko-Szenario-Analysen zu Verfügung stellt. Die Daten werden im wöchentlich tagenden Investmentkomitee besprochen. Bei Bedarf werden Sicherungsmaßnahmen vorgenommen, primär über die erwähnten Derivate, aber wo das nicht möglich ist oder wo wir längerfristige Risiken sehen, durch den Verkauf einzelner Investments.

Und wie gut funktioniert das? Die letzten Jahre waren ja herausfordernd. 2022 sind Aktien und Renten gefallen. Wie haben Sie das gemeistert?

Kirchhoff: Das war in der Tat herausfordernd. Wir mussten aktiv in die Mandate eingreifen und haben die Risiken über Futures minimiert, aber auch zum Teil langlaufende festverzinsliche Wertpapiere verkauft und gegen Kurzläufer eingetauscht. Auch wurde die Kasse erhöht. Verluste sind dennoch geblieben, wurden aber abgemildert.

2023 und jetzt 2024 lief ja schon alles wieder besser. Es gab laufend neue Rekorde. Soll man jetzt weiterhin offensiv agieren oder besser auf die defensive Seite wechseln?

Kirchhoff: Wir sind gut ins Jahr 2024 gestartet und waren entsprechend auch stark bei Aktien übergewichtet. Aber diese Gewichtung haben wir reduziert. Vor Ostern haben wir unsere Aktienposition leicht untergewichtet, weil wir uns, wenn man sich die verschiedenen Indikatoren angeschaut hat, in einem überkauften Bereich befanden. Außerdem sieht es nach den jüngsten Inflationsdaten in den USA so aus, als wenn die Zinssenkungen noch auf sich warten lassen. Im Moment fühlen wir uns mit der defensiveren Ausrichtung recht wohl.

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