Kolumne Dr. Bernhard Jünemann | Demokratie, Vielfalt und Geldanlage
In vielen europäischen Ländern sind extreme Rechtspopulisten auf dem Vormarsch. Dagegen formiert sich Widerstand demokratischer Kräfte. Kundgebungen für „Demokratie und Vielfalt“ sollen deutlich machen, wie wichtig es ist, sich gegen extreme Tendenzen zu engagieren. Der Begriff „Vielfalt“ nimmt dabei eine wichtige Rolle ein. Er wirbt für Toleranz und gilt als Gegengift gegen Fremdenhass, Ausländerhetze und Abschottung. Ökonomen weisen jedoch darauf hin, dass der Wohlstand in Deutschland ohne Zuwanderung kaum zu sichern sein dürfte.
Wer in den internationalen Märkten sein Geld anlegt, wird für mehr Vielfalt Verständnis aufbringen. Denn Vielfalt ist eine Voraussetzung für den Anlageerfolg. Anlegerinnen und Anleger agieren global, nutzen die Möglichkeiten in vielen Ländern und wissen, dass sie bei einer Beschränkung auf das eigene Land Opportunitäten verpassen und ein erhöhtes Risiko eingehen.
Doch Vielfalt ist nicht per se gut oder schlecht. Sie bedarf der richtigen Rahmenbedingungen und gesunder Anlageprinzipien. Vielfalt erhöht die Wahlmöglichkeiten bei den Investitionen, macht aber zunächst auch mehr Arbeit. Der Grundsatz: „Kaufe nie, was Du nicht kennst und nicht verstehst“ zwingt dazu, sich gründlich zu informieren. Das kann schon ziemlich lästig sein.
Umso willkommener sind dann Produkte, die den Auswahlprozess vereinfachen, sei es durch Standardisierung, Mindestanforderungen oder Informationspflichten. Hilfestellung dazu leisten die anerkannten Indizes von Ländern, Regionen oder Branchen. Mithilfe der ETFs lassen sich Indexinvestitionen unkompliziert umsetzen.
Voraussetzung dafür sind ein reibungsloser Kapitalverkehr, die Freiheit zum Wettbewerb und zur Marktwirtschaft. Wenn ein Land diese Regeln einschränkt oder aufgibt, wird erfolgreiches Investieren kaum noch umsetzbar. Das Beispiel China in jüngster Zeit sollte warnen. Unter Präsident Xi wurde die Macht der Kommunistischen Partei gestärkt. Firmen wurden ihrer Wettbewerbsfreiheit beraubt und ideologisch auf vermeintliches nationales Interesse ausgerichtet. Wie negativ sich staatlich verordnete Einfalt statt Vielfalt auswirken kann, zeigt China mannigfach. Zum Beispiel hat die jahrelange Ein-Kind-Politik in die demografische Krise heute geführt. Aktuell wurden staatlich forcierte Überkapazitäten im Immobiliensektor aufgebaut, die jetzt den Markt zusammenbrechen ließen.
Die kluge Geldanlage geht sogar noch weiter und diversifiziert die Anlageklassen – Aktien, Renten, Rohstoffe.
Kein Wunder, dass sich Investorinnen und Investoren aus China zurückgezogen haben. Aber es gibt genug andere Anlagemöglichkeiten. Der Fall China hat gezeigt, wie wichtig es ist, Investitionen zu streuen.
Vielfalt und Diversifikation sind Grundprinzipien jeder Geldanlage. Diese sind durch viele treffende Sprichwörter untermauert. „Geld ist wie Mist, man muss es streuen“, heißt es da. Oder „Lege nicht alle Eier in einen Korb“, lautet eine andere Forderung. Dahinter steht die Erkenntnis, dass bei der Geldanlage, vor allem bei Einzelinvestments, immer etwas schief gehen kann. Im Idealfall wird der Verlust der einen Aktie durch den Gewinn einer anderen aufgefangen oder sogar überkompensiert.
Indizes bieten standardisiert die Diversifikation von Einzelwerten. Der Einsatz von ETFs hilft so beim Risikomanagement. Das Einzeltitelrisiko von Aktien wird gemindert. Aber es bleibt das Marktrisiko. Wer in Indexfonds anlegt, weiß, dass er deshalb über Indizes hinweg diversifizieren sollte. Auch einzelne Börsen können schmerzliche Verluste einfahren, siehe das Beispiel China oder so manche Emerging Markets, in denen Investitionen zum Vabanque-Spiel werden. Die kluge Geldanlage geht sogar noch weiter und diversifiziert die Anlageklassen – Aktien, Renten, Rohstoffe.
Das kennen Sie als ETF-Anlegerinnen und -Anleger alles zur Genüge. Aber manchmal ist es nützlich, an diese Prinzipien zu erinnern, die als selbstverständlich gelten. Sie machen deutlich, welche Vorteile uns die Vielfalt verschafft und wie wichtig es ist, diese zu erhalten. Zum Glück sind solche Vielfaltprinzipien in der Geldanlage – anders als in der Politik – kaum umstritten. Erfreulich ist, dass immer mehr junge Leute das erkennen und in ETF-Sparpläne investieren. So trägt die Vielfalt zur Demokratisierung der Geldanlage bei. Und diese positive Erfahrung der jungen Generation, so ist zu hoffen, hilft letztlich auch der politischen Demokratie.