Interview Katja Wottle. |
„Antizyklisch agieren mit ETFs“

Die nowinta Vermögensverwaltung aus Aalen setzt überwiegend auf Indexfonds. Katja Wottle, Portfoliomanagerin, erläutert, welche Strategien damit umgesetzt werden.

Was ist das Besondere an Ihrer Vermögensverwaltung? Was glauben Sie, besser zu machen als der Durchschnitt? Sie haben ja einen schönen Spruch als Motto: „Vermögensaufbau braucht kein Vermögen“. Das klingt ein bisschen nach Zauberformel.

Im Kern verfolgt unsere Vermögensverwaltung einen langfristigen Ansatz, der individuell auf die Ziele und Bedürfnisse unserer Kunden abgestimmt wird. Wir analysieren die langfristigen Trends, wir vermeiden ständiges Trading. Zudem reagieren wir antizyklisch auf Marktentwicklungen. Was den von Ihnen zitierten Spruch angeht: Das ist natürlich keine Zauberformel, sondern meint vielmehr, dass der langfristige Vermögensaufbau entscheidend ist, egal mit welchem Betrag man beginnt.

Wie breit gefächert sind damit Ihre Kundengruppen?

Sehr breit. Wir sprechen jeden an, Familien, die Großeltern, die etwas für ihre Enkel tun wollen, Unternehmen und Unternehmer, institutionelle Mandate und Stiftungen. Natürlich sind die Ansprüche unterschiedlich. Je größer das Vermögen ist, desto individueller können wir sie betreuen. Neben individuellen Mandaten bieten wir unseren Kunden klassische Vermögensverwaltungsstrategien auf Basis von ETFs und aktiv gemanagten Fonds an, welche bereits ab einem initialen Startbeitrag von 5.000 € zur Verfügung stehen.

Gibt es eine übergeordnete Anlagephilosophie oder -strategie? Antizyklik haben Sie schon angesprochen. Was kommt da noch zusammen?

Wir kombinieren unsere Antizyklik mit einer global breiten Diversifikation. Eine antizyklische Vorgehensweise bedeutet, dass wir, wenn der Mark nachgibt, bewusst die Aktienquote in bis zu drei Schritten erhöhen und diese wieder verringern, wenn der alte Höchststand wieder erreicht wurde. Dazu nutzen wir ein regelgebundenes System und sind somit komplett losgelöst von Bauchentscheidungen. Die globale Diversifikation, die wir mit unseren ETF-Strategien verfolgen, bedeutet, dass wir Aktien gemäß der Wirtschaftskraft einzelner Länder und Regionen gewichten. So diversifizieren wir über die USA nach Europa bis hin zu den Schwellenländern.

Welche Anlageklassen decken Sie damit ab? Auch weniger liquide wie Immobilien und Private Equity?

Wir bevorzugen liquide Anlagen, die wir jederzeit leicht handeln können, also vor allem Aktien und Anleihen, vereinzelt auch Rohstoffe. Aber im Einzelfall entsprechen wir natürlich dem Wunsch der Kunden. Wenn unsere Kunden Rohstoffe zur Diversifikation beimischen möchten, setzen wir dieses natürlich in individuellen Mandaten um. Aber auch diese lassen sich mit Hilfe von ETFs abdecken, sei es über Fonds mit Rohstoffkörben oder mit Unternehmen, die Rohstoffe fördern.

Sie bieten zwei Publikumsfonds an. Wie sind die ausgerichtet?

Mit unseren beiden PRIMUS-Fonds sind wir groß geworden. Vor zehn Jahren haben wir diese rein auf ETF-Basis umgestellt. Der PRIMUS Global ist ein rein ETF-basierter Aktienfonds, der weltweit nach dem Bruttoinlandsprodukt gewichtet wird. Damit bilden wir nahezu die gesamte Aktienwelt ab, wodurch er für die breite Masse der Kunden, besonders auch für jüngere Kunden, die mit dem Vermögensaufbau beginnen, geeignet ist. Der PRIMUS Balance hat eine Aktienquote von 75 Prozent, die wir jedoch antizyklisch auf bis zu 100 Prozent erhöhen können. Hier sind Entwicklungsländer deutlich geringer beigemischt als im PRIMUS Global. Er ist für Kunden geeignet, die weniger in Emerging Markets investieren möchten und trotzdem die Opportunitäten des Aktienmarkts auch antizyklisch nutzen möchten.

Kern in Ihrer Vermögensverwaltung sind verschiedene ETF-Strategien. Wie sehen die aus?

Im Prinzip unterscheiden sich diese Ansätze durch die Aktienquoten, die von 40 bis 80 Prozent reichen. Kern bildet immer die Aktiengewichtung gemäß GDP-Ansatz und eine antizyklische Vorgehensweise. Den Rest bilden wir durch europäische und US-, sowie Emerging-Markets-Anleihen ab. Das sind die klassischen Lösungen. Hinzu kommt eine komplett nachhaltige Strategie. Seit Anfang vergangenen Jahres bieten wir zudem aktive Multi-Asset- und Megatrend-Strategien an. Diese Ansätze werden ständig weiterentwickelt, so dass wir den individuellen Bedürfnissen der Kunden weitgehend entsprechen können.

Wie wählen Sie die ETFs aus? Es gibt ja unterschiedliche Ansätze und Anbieter mit unterschiedlichen Konditionen.

Ausnahmslos nutzen wir physisch replizierende Produkte, keine synthetischen also. Zudem berücksichtigen wir die Historie, die TER, die Performance, die Volumina und die Handelbarkeit. Wir sind nicht an einen Anbieter gebunden, sondern wählen nach den besten Konditionen für uns und somit für unsere Kunden aus.

Nun gibt es noch sogenannte Smart-Beta-ETFs, die bestimmte Strategien verfolgen oder als Faktorinvestment auf besondere Merkmale setzen. Nutzen Sie diese?

Solche Produkte mischen wir nach Bedarf bei. Wir haben in den Portfolios Dividenden-ETFs, Multi-Faktor-Fonds und Produkte mit den Merkmalen Growth, Value oder „geringe Volatilität”.

Was ist mit Themenfonds, und wie halten Sie es mit der Nachhaltigkeit? Sie haben ja schon eine spezielle Nachhaltigkeitsstrategie erwähnt.

In den Themenfonds sehen wir durchaus interessante Möglichkeiten, vor allem wenn es um Megatrends für die nächsten zehn, zwanzig Jahre geht, welche signifikant Märkte und Gesellschaften prägen werden. Nachhaltigkeit ist für uns schon seit mehr als zehn Jahren ein Thema. Wir haben, wie erwähnt, eine Strategie mit nachhaltigen ETFs. Zudem schauen wir bei allen Anlageentscheidungen, ob wir für einen Fonds ein nachhaltig gefiltertes Pendant finden.

Lassen Sie uns genauer über Risikomanagement sprechen. Ok, Sie haben eine breite Diversifikation, aber sie agieren auch antizyklisch, was bekanntlich auch mal schief gehen kann. Außerdem vermute ich, dass Sie auch Kunden haben, die Vorgaben für Drawdowns machen, also Absicherung gegen starke Verluste fordern.

Natürlich haben wir die auch. Aber die meisten Portfolios sind global breit über zweieinhalbtausend Unternehmen gestreut. Unsere Antizyklik ist generell durch ein ausführliches Backtesting erprobt. Gerade im vergangenen Jahr mit dem Ukraine-Krieg hat das System sehr gut funktioniert. Außerdem agieren wir immer nur Schritt für Schritt bei der Veränderung von Aktienquoten und passen uns so dynamisch der Marktentwicklung an. Wir verfolgen generell keinen Value-at-Risk-Ansatz, sondern sind gut mit unserer Orientierung an volkswirtschaftlichen Kennziffern gefahren. Prozyklische Strategien mögen sich besser anhören und verkaufen lassen, da sie auch dem Gefühl der Kunden „jetzt raus zu müssen” besser entsprechen, bringen aber langfristig weniger Ertrag als antizyklische Strategien. Hier gilt es aufzuklären, und zwar im Vorhinein.

Was auch kommen mag, wir sind gut vorbereitet.

Was wird die Zukunft bringen? Oder warten Sie einfach ab, was kommt und reagieren dann?

Nur zu reagieren, wäre uns zu wenig und könnte oft auch zu spät sein. Nein, wir haben immer Pläne für das, was passieren könnte. In den nächsten Monaten dürfte es um die Entwicklung von Euro und Dollar, die Konjunktur in verschiedenen Regionen, zum Beispiel die USA im Vergleich zu Europa, sowie um die Zinspolitik der Notenbanken gehen. Das haben wir alles ständig im Blick und suchen, wie schon erwähnt, nach antizyklischen Opportunitäten. Ein Beispiel ist zurzeit der IT-Sektor, der nach hohen Bewertungen deutlich zurückgekommen ist, sich aber jetzt ebenfalls erholen könnte. Mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgen wir die Anleihen. Die waren bisher zur Absicherung reine Beimischung, aber jetzt werfen sie zunehmend attraktive Renditen ab. Was auch kommen mag, wir sind gut vorbereitet.

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