Kolumne Dr. Bernhard Jünemann | Der DAX lebe hoch und höher!
Jeder, der sich mit der Börse befasst, muss sich mit Indizes herumschlagen. Für mich aber war der DAX, der Deutsche Aktienindex, der im Juli 35 Jahre alt wurde, ein ganz besonderer Index. Ich durfte ihn von der Geburt 1988 bis heute begleiten, habe unzählige Höhen und Tiefen erlebt, über Rekorde gejubelt und in Baissen getrauert.
Für uns Journalisten war das Akronym ein Glücksfall, wurde der DAX genau wie der Dachs gesprochen, und so wurde das Tier sofort zum Index-Maskottchen. Für die TELE-BÖRSE ließen wir einen echten Frechdachs zeichnen, der die gesamte Gefühlswelt von Anlegerinnen und Anlegern widerspiegelte, waren sie nun Profis oder Privatinvestoren. Viele Jahre wurde das Börsengeschehen mit Hilfe dieser Zeichnungen kommentiert. Das Publikum, das gerade die Börse entdeckte, liebte diesen Dachs. Eine Schulklasse entwickelte aus ihm sogar ein Kartenquartett, das man spielen konnte.
Doch dieser DAX war oft ein wildes Tier, das heftig auf und absprang. Es gab mehrmals heftige Kursbewegungen, von zehn Prozent und mehr an einem Tag. Doch das wurde dem Index in den aufstrebenden neunziger Jahren immer wieder verziehen, zumal er sich meist schnell wieder erholte.
Im Jahre 2000 war das jedoch anders. Das Platzen der Internetblase und der Zusammenbruch des Neuen Marktes riss auch den DAX in die Tiefe und schickte ihn in eine dreijährige Baisse, die noch durch den Terroranschlag am 11. September 2001 und den darauffolgenden zweiten Golfkrieg verstärkt wurde. Der DAX verlor rund 70 Prozent. Der putzige Dachs war angesichts des Leids zahlreicher Anlegerinnen und Anleger nicht mehr gefragt und verschwand im Archiv.
Der zweite große Schlag kam 2007, als der Subprime-Markt in den USA zusammenbrach und die Investmentbank Lehman Brothers insolvent wurde. Der DAX stürzte rund 50 Prozent ab, konnte sich aber schon Anfang 2009 mit einer unbegrenzten Geldflut wieder fangen. Bis zum nächsten Rekord dauerte es aber – wie schon nach der geplatzten Internetblase – fast wieder zehn Jahre.
Trotz aller Krisen, die immer wiederkehrten, kann sich die DAX-Bilanz sehen lassen. Wer den DAX zu seiner Einführung gekauft und bis Ende 2022 gehalten hat, konnte eine jährliche Rendite von 7,8 Prozent erzielen, wie das Renditedreieck des Deutschen Aktieninstituts ausweist. Für die Geldanlage ein gutes Beispiel, dass sich Geduld und Beharrlichkeit auszahlt.
Natürlich hat sich in den 35 Jahren viel im Index getan. Nur noch neun Werte gibt es, die von Anfang an dabei waren. Alte Geschäftsmodelle gaben auf, neue kamen hinzu. Nicht immer skandal- und betrugsfreie, wenn man zum Beispiel an das kurze Zwischenspiel von Wirecard denkt. Im vergangenen Jahr wurde die Zahl der Indexmitglieder von 30 auf 40 erhöht.
Hochgelobt als modernster Index, der auf die Performance setzt und die Dividenden mit einberechnet, blieb der DAX mit diesem Konzept unter den Standardbarometern ziemlich allein. Die meisten internationalen Indizes sind reine Kursindizes. So muss man die DAX-Erfolge etwas relativieren. Der DAX erscheint immer ein bisschen besser als er wirklich ist. Als Kursindex berechnet hinkt er deutlich hinterher und ist auch zurzeit noch weit von einem neuen Rekord entfernt.
Mit der Einführung von börsengehandelten Indexfonds in Deutschland im Jahre 2000 war klar, dass ein DAX-ETF nicht lange auf sich warten lassen würde. Er wurde 2001 von der Indexchange, der Tochter der HypoVereinsbank zunächst als Exklusivlizenz der Deutschen Börse aufgelegt. Auch für diesen Fonds kann sich die Rendite noch sehen lassen. Sie beträgt im Durchschnitt 3,6 Prozent pro Jahr.
Heute werden in Deutschland vier DAX-ETFs gelistet. Vor ein paar Jahren waren es noch etwas mehr, aber die Zahl der großen Anbieter sank fusionsbedingt. Hinzu kommen einige speziell berechnete Ableger. So kann man zum Beispiel bei der Deka aus dem Standard-DAX mit einberechneter Dividende eine ausschüttende Variante erhalten.
Auch wenn der deutsche Aktienmarkt durch verschiedene Indizes abgebildet wird, der DAX als Leitindex hat seine Rolle behalten und gestärkt. In diesem Sinne dürfen wir ihm „Many Happy Returns“ wünschen.
In diesem Sinne dürfen wir ihm ‚Many Happy Returns‘ wünschen.