Interview mit Daria Diachenko |
„Essenziell in jedem modernen Portfolio“

Daria Diachenko ist Head of Investment Strategy & Portfolio Construction der deutsch-schweizerischen Firmengruppe Serafin Asset Management. Diese betreut Assets in Höhe von rund 0,9 Milliarden Euro. Welche Rolle spielen dabei ETFs?

Was ist das Besondere an Serafin Asset Management? Ich sehe, dass Sie Fonds anbieten, also eine Fondsboutique sind. Dann haben Sie institutionelle Mandate und neuerdings auch eine digitale Finanzverwaltung für Privatanlegende. Wie passt das zusammen?

Gerade das ist unsere Stärke! Wir fokussieren uns nicht nur auf einen Kundenkreis, sondern können mit unserem breiten Produkt- und Leistungsangebot gezielt die Bedürfnisse unterschiedlicher Kundinnen und Kunden bedienen. So haben wir intern ein breites Ökosystem an Investmentmanagern zusammengestellt. Da gibt es Quants, Innovationsresearcher, Spezialistinnen und Spezialisten für Schweizer Aktien, Goldminen oder Risikobewertung. Diese Expertise soll auch unseren Kundinnen und Kunden zugutekommen. Die digitalen Prozesse, die wir dafür entwickelt haben, erhöhen unsere Effizienz und ermöglichen es uns, unsere tiefgehende Marktkenntnis und Investmentkompetenz breitflächig zugänglich zu machen.

Verfolgen Sie dazu eine übergeordnete Anlagephilosophie, die sich in allen Portfoliokonstruktionen wiederfindet?

Nein, denn wir sind der Meinung, dass es keinen allgemeinen Ansatz gibt. Jeder Investierende bringt individuelle Risikobereitschaft und Renditeerwartungen mit. Maßgeschneiderte Lösungen sind daher entscheidend. Wir lassen uns von bewährten Methoden der Diversifikation und Marktanalyse leiten, kombinieren diese dann mit proaktiver Anpassungsfähigkeit an die dynamischen Marktentwicklungen. Jedes unserer Produkte zielt darauf ab, spezifische Investmentbedürfnisse und Risikoprofile zu treffen.

Geht so etwas auch mit einer digitalen Vermögensverwaltung, bei der ja oft ein Algorithmus alles steuert?

Wir verlassen uns nicht einfach auf eine Maschine. Wir verfolgen einen klassischen Kern- und Satellitenansatz. Dazu bieten wir zunächst ein diversifiziertes Basisportfolio, das auf das Risikoprofil des Kunden zugeschnitten ist. Das wird dann individuell durch thematische Satelliten ergänzt, wenn gewünscht. Diese Prozesse laufen weitgehend automatisiert ab. Wir gewährleisten jedoch eine kontinuierliche Überwachung durch unser Investmentteam. Dazu haben wir ein Ampelsystem für die Satellitenauswahl entwickelt, mit dem die Entwicklung von thematischen und opportunistischen Trends verfolgt wird. So können wir, wenn nötig, diskretionär eingreifen.

Und ab welcher Anlagesumme kann man diese Leistungen nutzen?

Unser Angebot beginnt in der Startphase aktuell ab 1.000 Euro Erstanlagesumme, und selbst Sparpläne sind bereits ab 25 Euro monatlich möglich. So wird den Investierenden das Testen unseres Angebots ermöglicht. Perspektivisch richtet sich unser Angebot an Kundinnen und Kunden mit einer Ziel-Anlagesumme ab 100.000 Euro.

Wie groß ist das Anlageuniversum und welche Anlageklassen nutzen Sie?

Der Fokus ist global ausgerichtet. Von den Anlageklassen nutzen wir zunächst die liquiden, also Aktien und Anleihen, aber nach Bedarf auch Rohstoffe, Edelmetalle und Immobilien. Letztere aber in der Regel über REITs.

Welche Rolle spielen dabei ETFs?

ETFs sind bei uns zentral. Sie ermöglichen uns eine einfache und kosteneffiziente Abbildung der meisten Anlageklassen. Wir sind der Meinung, dass ETFs ein essenzieller Bestandteil in jedem modernen Portfolio sein sollten. Besonders gilt dies für das digitale Angebot. Dort bieten wir für die Kernstrategien drei Produktuniversen. „Klassik“ zielt auf breite Diversifikation und Kosteneffizienz ab. „ESG“ stellt Nachhaltigkeitskriterien in den Vordergrund. „Klima“ fasst Investitionen in die Klimatransformation zusammen und soll den Übergang zu einer nachhaltigen, grünen und klimaneutralen Wirtschaft fördern.

Nutzen Sie ETFs auch für die Produkte in Ihrer Fondsboutique?

Die meisten dieser Fonds investieren direkt in Aktien. Seit 2013 haben wir aber auch einen Multi-Asset-Fonds, der überwiegend ETF-basiert anlegt.

Wie wählen Sie ETFs aus? Es gibt ja immer unterschiedliche Indizes und Anbieter und entsprechend auch unterschiedliche Konditionen.

Unser Auswahlprozess ist strukturiert und mehrstufig. Das Ziel ist, den besten und leistungsfähigsten ETF im Markt zu identifizieren. Der Prozess beginnt mit der Auswahl des Benchmark-Index, der möglichst breit angelegt sein soll. Dann wird nach Track Record der Anbieter, Fondsvolumen und im Falle von ESG nach Nachhaltigkeitskriterien gefiltert. Dem schließt sich ein quantitativer Prozess mit einem Scoring an. Das geht über die Managementgebühren hinaus und erfasst den Tracking Error und die Tracking Difference.

Wie halten Sie es mit der Replikationsmethode, physisch und synthetisch?

Die Kundinnen und Kunden bevorzugen vielfach die physische Replikation. Aber wenn die Scoring-Anforderungen erfüllt sind, nehmen wir auch synthetische Produkte, was sich bekanntlich bei Rohstoffen nicht vermeiden lässt. Darüber hinaus neigen wir bei bestimmten Märkten – wie zum Beispiel den USA – zur synthetischen Replikation, um steuerliche Vorteile zu nutzen. Bei ESG-Produkten wird wiederum die synthetische Replikation kritischer betrachtet, da hier die Transparenz und direkte Kontrolle über die gehaltenen Vermögenswerte eine wichtige Rolle spielen.

Nutzen Sie Smart-Beta-ETFs zum Beispiel mit Strategien wie Minimum Varianz? Oder bleiben Sie bei Plain Vanilla?

Das entscheidet der institutionelle Kunde im Einzelfall. Aber in der digitalen Vermögensverwaltung haben wir uns klar entschieden, auf solche Ansätze zu verzichten und uns auf die diversifizierte Kernstrategie zu konzentrieren. Hinzu kommen dann, wie erwähnt, Themeninvestments als Satelliten, die mit einem Ampelsystem überwacht werden.

Wie stark ist der Trend zu nachhaltigen Investments?

Im institutionellen Bereich ist er bereits sehr ausgeprägt. Bei den Privatkunden in der digitalen Vermögensverwaltung kann man noch keinen Trend erkennen. Dazu sind wir zu kurz am Markt. Aber es gibt natürlich schon erste Kunden, die bewusst das ESG-Universum oder aber Klima-bedingte Investitionen wählen. Für eben jene nachhaltigkeitsbewussten Investorinnen und Investoren haben wir unsere einzigartige Klimastrategie entwickelt.

Aber wir würden uns natürlich über weitere Gebührensenkungen freuen. In den USA gibt es zum Beispiel ETFs ohne Kosten.

Was fehlt Ihnen noch im ETF-Angebot?

Im breiten liquiden Markt ist das Angebot sicher ausreichend. Aber wir würden uns natürlich über weitere Gebührensenkungen freuen. In den USA gibt es zum Beispiel ETFs ohne Kosten. Bei den Anlageklassen hätten wir gerne Fonds, die direkt in Private Equity investieren, also nicht wie bisher nur über Indizes, in den Private-Equity-Firmen vertreten sind. Solche Konstruktionen sind dabei auch relativ teuer, so dass bei den Kosten noch einiges geschehen kann.

Märkte können bekanntlich heftig schwanken. Wie gestalten Sie das Risikomanagement generell? Von ihrem Ampelsystem bei den Satelliten haben wir ja schon einiges erfahren.

Grundsätzlich sind Marktschwankungen begrüßenswert. Darin drücken sich Unsicherheiten aus, und die werden in der Regel auch mit entsprechenden Renditen belohnt. Ein Risikomanagement sollte sich daher nicht generell auf Schwankungen ausrichten. Es kommt darauf an, gute von schlechten Schwankungen zu unterscheiden. Dazu haben wir quantitative Prozesse entwickelt, die wir wöchentlich auswerten. Wir berechnen ein proprietäres „Ro-Ro-Signal“ – also Risk-On oder Risk-Off, das uns hilft zu bewerten, ob eine Marktschwankung eine Opportunität oder eine Gefahr ist. Die Portfolios unserer Kundinnen und Kunden werden so kontinuierlich automatisch überwacht, ob sie im Rahmen des vorher definierten Risikobudgets liegen. Wenn nicht, wird angepasst. Dazu gehört auch ein antizyklischer Investitionsansatz.

In der Tat, 2022 war für unsere Kundinnen und Kunden ein schwieriges Jahr. So etwas kann man nur gemeinsam meistern.

Heftige Schwankungen gab es zuletzt 2022. Damals fielen Aktien und Renten. Wie haben Sie das Jahr gemeistert?

In der Tat, 2022 war für unsere Kundinnen und Kunden ein schwieriges Jahr. So etwas kann man nur gemeinsam meistern, also Kunden zusammen mit dem Asset Manager. Wir haben in den Gesprächen immer betont, dass in solchen Marktphasen Geduld und Disziplin gefordert sind. Man darf trotz fallender Kurse nicht gleich Panik bekommen und sollte halten sowie Chancen auch antizyklisch nutzen. Das hat sich dann im Januar 2023 ausgezahlt.

Wie sind Sie zurzeit aufgestellt? Die gestiegenen Zinsen bieten ja ein paar Optionen mehr.

Na ja, das meinen vor allem die Privatanleger und verweisen dann gerne aufs Tagesgeld. Aber man muss ihnen klar machen, dass sie trotz höherer Zinsen real nach Inflation noch immer Verluste einfahren. In den USA ist zwar das Verhältnis Zinserträge zur Inflation schon leicht positiv, in Europa jedoch noch lange nicht. Deshalb setzt unser Haus unverändert überwiegend auf Aktien – für private wie für institutionell Anlegende. Das gilt auch für die nächsten Monate.

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