Kolumne Dr. Bernhard Jünemann | Altersvorsorge kann so einfach sein
Dass die staatliche Rente die Notwendigkeit einer auskömmlichen Altersvorsorge immer weniger abdecken kann, hat sich längst herumgesprochen. Umso erfreulicher ist, dass offenbar viele junge Leute bereits reagieren und sich mit Sparplänen, vor allem ETF-Sparplänen, ihre eigene Vorsorge schaffen. Doch so mancher fragt sich jetzt, ob diese eigene Vorsorge weiterhin in gleichem Maße nötig ist, wenn jetzt doch das Rentenpaket II umgesetzt wird. Immerhin wird in dem von der Bundesregierung Ende Mai vorgelegten Gesetzentwurf eine Stabilisierung des Rentenniveaus und der teilweise Einstieg in die kapitalgedeckte Aktienrente versprochen.
Nehmen wir uns diesen Gesetzentwurf genauer vor. Er ist nicht der große Wurf, sondern ein Reparaturgesetz für die staatliche Rente. Vorgesehen ist eine Stiftung „Generationenkapital“. Kreditfinanziert soll bis 2036 ein Stiftungsvermögen von rund 200 Milliarden Euro aufgebaut werden. Aus den Erträgen ist dann ein jährlicher Zuschuss zur Rentenfinanzierung von zehn Milliarden Euro pro Jahr geplant, was einer jährlichen Rendite von fünf Prozent entspricht.
Die Ertragsprognose klingt realistisch, doch die Erträge werden angesichts der demographischen Entwicklung kaum reichen, und sie sind ja, wie geplant, erst ab 2036 voll verfügbar. Deswegen wird gleichzeitig angekündigt, dass die Rentenbeiträge von 18,6 Prozent heute auf 22,3 Prozent bis 2035 steigen werden. Nur so ließe sich das Rentenniveau von 48 Prozent über 2040 halten, ohne dass das Renteneintrittsalter nach oben angepasst werden muss.
Kein Wunder, dass die Opposition und große Wirtschaftsverbände wettern, dass dieses Paket die junge Generation belastet und die Rentenbezieher bevorzugt. Für die junge Generation ist damit klar, sie muss weiter privat vorsorgen, ja sogar verstärkt vorsorgen, wenn sie im Alter eine auskömmliche Rente erhalten möchte.
Das war eigentlich auch schon im vergangenen Sommer allen bewusst, als die sogenannte „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ ihre Pläne vorlegte. Sie schlug ein förderfähiges Altersvorsorgedepot vor, das individuell bespart und erst nachgelagert besteuert wird. Das Bundesfinanzministerium begrüßte damals diesen Vorschlag als gute Grundlage für die weitere Gesetzgebung. Doch im Rentenpaket II ist davon nichts zu finden. Flugs orakelte Finanzminister Lindner vom Rentenpaket III, das bald kommen und weitere Verbesserungen bringen werde. Aber dass es angesichts der leeren Kassen schnell kommen wird, ist unsicher. Und dann – auch das muss man einkalkulieren – ist im nächsten Jahr wieder Bundestagswahl. Danach können die Karten wieder neu gemischt werden.
Die Politik sollte sich nur einfach am Motto der ETFs orientieren: einfach – transparent – flexibel
Man kann also der jungen und auch der nicht mehr so jungen Generation nur dringend raten, mit privaten Vorsorgemaßnahmen fortzufahren. Der Aktienmarkt hat sich langfristig als renditestark erwiesen, zum Beispiel mit einem internationalen ETF wie auf den MSCI World. So sollten die fünf Prozent Rendite, die das staatliche Generationenkapital erbringen soll, nach Steuern für private Anlegerinnen und Anleger realisierbar erscheinen. Es hat sich immer als vorteilhaft erwiesen, sich ein Stück unabhängig von politischen Versprechungen zu machen. Umso besser, wenn das Altersvorsorgedepot dann doch kommt. Gemäß der Fokusgruppe sollte dann wenigstens die Ansparphase erst einmal steuerfrei sein. Weitere Fördermaßnahmen könnten helfen. Aber auch dabei kommt es natürlich wieder auf die konkrete Umsetzung an. Die Politik sollte sich nur einfach am Motto der ETFs orientieren: einfach – transparent – flexibel.