Kolumne Dr. Bernhard Jünemann |
Lernen mit ETFs

Kennen Sie E-Sports? Ich hatte erst bei der Weltmesse für Computerspiele Gamescom in diesem Jahr davon erfahren und war bass erstaunt. Nicht wegen der sportlichen Wettbewerbe an sich, bei denen Computerspieler gegeneinander antreten, sondern der Summen, um die es dabei ging. Gewinner wurden gleich mit mehreren Millionen Euro oder Dollar prämiert. Einer dieser Jung-Millionäre, kaum 20 Jahre alt, wurde in einem Fernsehinterview gefragt, was er denn mit den Millionen machen wolle. Er war unsicher: „Ich weiß es noch nicht, aber ich habe mir erst einmal ein paar Finanzbücher gekauft.“

Hoffentlich die richtigen, und hoffentlich zieht er die richtigen Lehren daraus. Vor allem sollte er sich nicht auf das Internet verlassen. Da gibt es zwar auch hilfreichen Rat, aber genauso wilde Versprechungen vom leichten Weg zum Reichtum. Ein paar Aktien hier, ein paar Kryptowährungen dort, und schon sollen die Millionen verdient sein. Genauso schnell können jedoch Millionen auch verzockt werden, wenn Anlegerinnen und Anleger in falsche Hände geraten. Betrug ist meist nicht weit.

Das Beispiel zeigt, dass es bei jungen Leuten mit finanzieller Bildung nicht weit her ist. In der Schule ist das kein Fach, aber sie lernen immerhin schon mal Rechnen. Wer mit Prozenten umgehen kann, hat eine Basis. Aber die reicht natürlich nicht. Zur finanziellen Bildung gehört, dass man die Grundregeln solider Geldanlage verstehen und kontrolliert Erfahrungen sammeln muss.

In dieser Hinsicht tut sich bei den Jungen einiges, und nicht nur bei denen, wie ich immer wieder feststelle. Und das ist den ETFs zu verdanken, die einen leicht verständlichen, niederschwelligen Eintritt in den Kapitalmarkt bieten. Das zeigt sich inzwischen auch in den Statistiken des deutschen Fondsverbandes BVI. In der jüngsten Halbjahresbilanz entfällt auf das Neugeschäft von rund 11,7 Milliarden der Publikumsfonds allein auf die Aktien-ETFs 9,5 Milliarden Euro, während aktive Fonds, die mit Überrenditen werben, Einbußen hinnehmen mussten.

Ich werde oft von jungen Menschen, auch den eigenen Kindern, gefragt, ob ein Sparplan mit ETFs überhaupt sinnvoll ist. In der Regel rate ich dazu, auch mit kleinen Summen Monat für Monat anzulegen, diszipliniert und über Jahre hinweg. Mit ETFs erfüllen Anlegerinnen und Anleger schon mal eine der wichtigsten Grundregeln: Kaufe nie, was du nicht verstehst! ETFs zu verstehen, die in der Form eines breiten Index, ist nun wirklich nicht so schwierig. Das Einzelrisiko von Aktien ist nivelliert und mit regelmäßiger Geldanlage meistert man auch die teilweise heftigen Marktschwankungen durch den bewährten Cost-Average- sowie den Zinseszinseffekt. Wer einige Erfahrungen gesammelt hat, kann auf bewährte Strategien mit ETFs, zum Beispiel auf Dividendenstärke, setzen.

Informationen gibt es im Netz mehr als genug. Viele sind in der Tat hilfreich und sinnvoll, aber es wimmelt auch von sogenannten heißen Tipps, mit Einzelwerten oder Themen-ETFs. Da heißt es Vorsicht walten zu lassen, nicht auf vermeintlich sensationelle Neuigkeiten zu reagieren. Ich will niemanden abhalten, wenn es ihm oder ihr Spaß macht. Sie müssen aber genügend Erfahrung haben, um die eigene Psyche und die Psychologie der Märkte im Griff zu behalten.

Wer sich darauf einlässt, muss vor allem immer mit dem Zufall rechnen. In den Märkten herrscht trotz aller Analysen oft einfach nur der Zufall. Damit muss man umgehen können, vor allem wenn es nach unten geht. Deshalb ist es wichtig, das Risiko eines Scheiterns im Blick zu behalten. Verluste sind unumgänglich, sie dürfen nur nicht so groß werden, dass am Ende der finanzielle Ruin droht.

Das ist der große Unterschied der Märkte zu Computerspielen. Sie sind ein Spiel. Man kann scheitern, man kann verlieren, aber Game Over bedeutet keinen finanziellen Ruin. Wer im Spiel der Märkte bei soliden Anlagen in breiten ETFs bleibt, vermeidet die großen Aufregungen der aktiven Anlage. Zugegeben, diese Aufregung kann faszinieren, mit den richtigen Aktien zur richtigen Zeit lassen sich auch Überrenditen erzielen. Aber wer das nicht mag oder nicht kann, darf ruhig in der Welt der ETFs anlegen. Damit wird man nicht gleich Millionärin oder Millionär, aber langfristig, diszipliniert lässt sich so ein erkleckliches Vermögen erwirtschaften.

In den Märkten herrscht trotz aller Analysen oft einfach nur der Zufall.
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