Kolumne Dr. Bernhard Jünemann |
Er läuft und läuft und …?

Der VW-Käfer war viele Jahre eine Kultmarke, und zu ihm passte der liebgewordene Werbespruch: „Er läuft und läuft.“ Auch die Deutsche Börse hat eine Kultmarke, den DAX, den Deutschen Aktienindex. Dank seinem klanglichen Gleichlaut mit dem Tier Dachs, kreierten wir für die Telebörse eine pfiffige Figur, die uns beim Auf und Ab der Börse inspirierte. Als der DAX Mitte 1988 antrat, wurde er rechnerisch auf Ende 1987 mit 1.000 Punkten bezogen. In diesem Jahr übersprang er am 3. Dezember die Marke von 20.000 Punkten, ein Plus von 1.900 Prozent.

Eine ordentliche Karriere in 37 Jahren, von der man anfangs nicht mal zu träumen wagte. Das hieß aber nicht, dass der DAX auf seinem Weg nach oben nicht mehrmals ordentlich ins Stolpern geriet. Der Beginn Mitte 1988 war glücklich. Der DAX verpasste den ersten großen Börsencrash nach dem Zweiten Weltkrieg im Oktober 1987, was der Erfolgsstatistik half. So war Erholung an den Märkten angesagt, von der der DAX profitierte. Richtig erwischte es ihn aber nach dem Platzen der Internetblase im Jahre 2000. Bis zum Tiefpunkt 2003 verlor er rund 70 Prozent seines Wertes. In der Subprime-Krise 2008 ging es wieder mehr als 50 Prozent nach unten. Aber der DAX berappelte sich immer wieder.

Ungewöhnlich war bisher dieses Jahr. Der DAX schaffte mit der Marke von über 20.000 Punkte fast 22 Prozent Gewinn. Ungewöhnlich deshalb, weil die deutsche Wirtschaft das zweite Jahr in Folge nicht mehr gewachsen ist und sich eine Strukturkrise und Wettbewerbsschwäche verschärften. Normalerweise leidet ein Länderindex, wenn sich die Wirtschaft in Richtung Krise bewegt.

Warum reagierte der DAX so ungewöhnlich? Zum Teil lässt sich das mit der Wahl in den USA erklären, die Donald Trump wieder ins Weiße Haus bringt. Das ist sehr nach dem Geschmack der Wall Street, die boomte und den DAX quasi mitriss. Dass Trump mit Zöllen und einem Handelskrieg droht, wurde erst einmal negiert. Zweites Argument ist, dass die DAX-Firmen ihr Geld überwiegend im Ausland verdienen und mithin von der sich besser entwickelnden Weltwirtschaft profitieren. Drittens werden die Zinssenkungen durch die Notenbanken in den USA, aber auch in Europa genannt. Sinkende Zinsen sind gut für Investitionen und nähren die Hoffnung auf wirtschaftliche Besserung.

Schließlich kommt die deutlich günstigere Bewertung der deutschen Aktien im Vergleich zu den amerikanischen ins Spiel. Gemeinhin gilt dafür das sogenannte Kurs-Gewinn-Verhältnis als Anhaltspunkt. Danach wird der DAX mit 13 bewertet, die USA mit dem S&P 500 schon mit 29. Aber ist billig immer gut? Da muss man zweifeln. Denn die erwarteten Gewinne sind oft nur Schätzungen, die gerade in Krisen schnell revidiert werden müssen.

Es gibt eine Reihe von Berechnungsmethoden mit weiteren Faktoren für die fairen Werte, die vermeiden sollen, dass Anlegerinnen und Anleger in die sogenannte Value-Falle tappen. Oft sind es nur wenige Einzelwerte, die den Index schlagen. Wer in ETF anlegt, setzt auf Indizes. Aber es gibt eine Reihe von Indizes, die stärker nach Value zusammengesetzt und mit ETFs investierbar sind. Das ist eine gute Alternative zu Einzelwerten.

Aber bricht im kommenden Jahr ein Handelskrieg aus, könnte der DAX wieder mal ordentlich ins Stolpern geraten.

Generell muss man daran erinnern, dass auch der schönste Trend mal zu Ende geht. Was Länderindizes betrifft, sollten Japan 1990 und China 2020 warnende Beispiele sein. Der Nikkei hat zum Beispiel 34 Jahre gebraucht, um seinen Höchststand von 1990 wieder zu erreichen. So wird es dem DAX wohl nicht ergehen, wenn es die deutsche Wirtschaft schafft, sich im Wettbewerb neu aufzustellen. Aber bricht im kommenden Jahr ein Handelskrieg aus, könnte der DAX wieder mal ordentlich ins Stolpern geraten. Bei aller Freude über steigende Kurse sollten Anlegerinnen und Anleger sich deshalb breit aufstellen und von Zeit zu Zeit überprüfen, inwieweit sie mit ihrem Depot auch Rückschläge verkraften können.

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