Interview mit Jessica Schwarzer |
„Ich bin ein absoluter Fan von ETFs“

Jessica Schwarzer ist renommierte Finanzjournalistin und Buchautorin. Sie veranstaltet Seminare und Kurse zur Geldanlage in der realen und digitalen Welt. Im Interview erläutert sie, was man bei Investition in Indexfonds beachten muss.

Sie sind Finanzjournalistin, jetzt selbständig und gut im Internet vertreten. Neudeutsch müsste man Sie als Influencerin bezeichnen. Was also ist Ihre Mission, und wer ist die Zielgruppe?

Ich bin leidenschaftliche Börsianerin. Schon mit Anfang 20 habe ich mich mit Aktien beschäftigt, und später ist daraus mein Beruf als Finanzjournalistin geworden. Mich hat immer gestört, dass die Deutschen ein Problem mit der Anlageklasse Aktien haben. Deshalb habe ich gerne auch für mehr Aktienkultur getrommelt. Ich würde mich nicht als Influencerin bezeichnen, auch wenn ich als Finanzjournalistin auf Social Media unterwegs bin. Ich will seriös Frauen wie Männer für die Aktie begeistern und Grundlagen für erfolgreiche Geldanlage vermitteln. Dabei hilft natürlich das Internet.

Sie bieten sogar eine Masterclass mit dem Slogan „Frauen – Finanzen – Freiheit“. Müssen Frauen anders angesprochen werden als Männer?

Das Thema hat sich bei mir langsam entwickelt. Auf Messen und Anlegertreffen habe ich gemerkt, dass Frauen und Finanzen in vielen Familien ein wichtiges Thema ist. So habe ich dazu Seminare gemacht, ein Buch geschrieben und jetzt mit Partnerunternehmen die Masterclass aufgesetzt. Frauen wollen anders angesprochen werden, weniger nach dem Motto „höher, schneller, weiter“. Sie möchten konkret in ihrer Lebenssituation abgeholt werden, und sie setzen lieber auf langfristige Strategien. Aber natürlich richte ich mich auch an Männer.

Haken wir gleich mal beim Stichwort „Strategien“ ein. Ihr neuestes Buch heißt: „Erfolgreich investieren mit den besten Börsenstrategien.“ Strategien gibt es viele, und auch Instrumente. Frauen interessieren sich sogar für Krypto-Währungen. Wie soll man vorgehen?

Strategien sind wichtig für Frauen und Männer. Wild und wahllos loslegen, kann böse enden. Viele Depots sind ein wirres Sammelsurium. Ich gestehe, dass ich auch so angefangen habe. Aber man sollte überlegt vorgehen, sich Gedanken dazu machen. Wie ist meine finanzielle Situation? Welche Aktien- und Anleihequote passt zu mir? Soll ich vielleicht Krypto beimischen? Sie haben recht. Es gibt kein Frauenevent heute, auf dem nicht auch nach Krypto gefragt wird. Wichtig ist, wie ich zu einer Strategie komme. Dazu muss ich meine Risikoneigung ehrlich analysieren. Dann kann ich damit eine Strategie entwickeln, vielleicht mit Hilfe eines Beraters oder eines Internettools. Ganz klar: Keine Strategie funktioniert in jeder Börsenlage. Da hilft ein langer Atem. Frauen bleiben übrigens ihrer Strategie länger treu als Männer und sind so oft erfolgreicher als jemand, der wild hin und her investiert.

Dann lassen Sie uns über bevorzugte Instrumente für langfristige Strategien sprechen. Wir sind bei den ETFs. Was leisten die?

Also ich bin ein großer ETF-Fan. Sie sind günstig, einfach zu verstehen und bieten in der Regel eine gute Risikostreuung, wenn man auf marktbreite Indizes setzt. Aber auch bei ETFs gilt: Man sollte sie nicht wahllos zusammenkaufen, sondern genau hinschauen. Das gilt auch für marktbreite Produkte. Man braucht sich ja nur den MSCI World anschauen. Will ich 70 Prozent USA und 30 Prozent Tech-Werte? Oder brauche ich einen breiter gestreuten Weltindex, zum Beispiel mit mehr Emerging Markets? Das ist nach meiner Erfahrung mit ETFs einfacher zu beurteilen als mit aktiven Fonds. Bei denen muss ich sehr genau prüfen und verfolgen, wie der Fondsmanager agiert.

Es gibt noch weitere Auswahlkriterien, die Replikationsmethode, die Kosten, die Ausschüttungen oder die Wertpapierleihe. Wie gehen Sie vor?

Ich liebe es einfach. Zunächst geht es um die Anlageklasse, Aktien und Renten. Dann muss ich klären, ob die Erträge thesauriert oder ausgeschüttet werden. Bei den Kosten gilt: Je geringer, desto besser. Ehrlich, für mich ist die Frage der Replikation, ob physisch oder synthetisch mit Swaps, zweitrangig. Ich halte beides inzwischen für sicher. Aber es gibt natürlich Anlegerinnen und Anleger, für die das wichtig ist. Die müssen eben einen Vollreplizierer nehmen. Das alles gilt für die breiten ETFs. Wer sich für Themen-ETFs begeistert, muss schon sehr genau hinschauen. Nehmen wir das Beispiel KI – künstliche Intelligenz. Sind da im Fonds vor allem die Dickschiffe der Tech-Werte, die man sowieso in den breiten Indizes hat? Oder sind es viele kleine Unternehmen, von denen man im Zweifel noch nichts gehört hat? Das macht Arbeit, und man muss verstehen, dass das Risiko größer sein kann.

Es gibt noch sogenannte Strategie-ETFs, Fonds die auf Dividendenstärke, Value, Growth oder sogar Momentum setzen. Es gibt sogar aktive ETFs, hinter denen eine regelmäßig angepasste Strategie steht. Was halten Sie davon?

Ich finde so etwas sehr spannend. In meinem aktuellen Buch habe ich auch Musterdepots, die mit sogenannten Faktor-ETFs zusammengesetzt sind, mit Merkmalen, die Sie gerade erwähnt haben. Aber damit muss man sich schon ein bisschen mehr Gedanken über seine Strategie machen, vielleicht solche Produkte auch nur beimischen. Das ist etwas für Fortgeschrittene. Wer anfängt, sollte sich auf marktbreite Indizes beschränken.

Ein großes Thema ist Nachhaltigkeit, mit speziell gefilterten ETFs oder mit sogenannten Impact-ETFs, die unmittelbar Themen wie Klimawandel adressieren.

Auch da muss man sich schon richtig reinfuchsen. Es gibt ja unterschiedliche Nachhaltigkeitskriterien, ESG oder SRI und dazu die Themen wie Mobilität der Zukunft, erneuerbare Energien, Klimawandel, Wasserstoff. Generell bin ich der Meinung, dass Nachhaltigkeit politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich gewollt ist. In einigen Jahren werden wir nur noch nachhaltig anlegen. Und das ist für Anlegerinnen und Anleger kein Nachteil. Ein nachhaltiger MSCI World läuft sogar etwas besser als das herkömmliche Produkt.

Aber auch breite ETFs können heftig schwanken. Für manche Branchenfonds kann der Trend sogar lange ins Negative laufen. Wie steuert man das Risiko? Einfach durchhalten? Oder verkaufen, bevor die Verluste zu groß werden?

Das kommt auf die Strategie an. Wer zum Beispiel ein einfaches Depot mit 50 Prozent Aktien und 50 Prozent Anleihen hat, der sollte mindestens einmal im Jahr draufschauen und prüfen, ob das Verhältnis 50 zu 50 noch gilt. Dann ist Rebalancing angesagt, um die Veränderungen auszugleichen. Anders ist es bei Themen-ETFs. Bei denen muss ich mir öfter die Frage stellen, ob das ursprünglich gemachte Investment noch aufgehen kann. Man sollte sich davor hüten, sich am Einstandspreis zu orientieren, diesen wie ein Anker zu nehmen, sondern von der aktuellen Situation ausgehen. Manchmal muss man sich auch mit Verlust von einem Engagement verabschieden können.

Jessica Schwarzer - Finanzjournalistin und Buchautorin
Ich bin ebenfalls ein Fan von Sparplänen, nutze diese auch selbst für die Altersvorsorge
Jessica Schwarzer
Finanzjournalistin und Buchautorin

Aber gilt das auch für Sparpläne?

Ich bin ebenfalls ein Fan von Sparplänen, nutze diese auch selbst für die Altersvorsorge, seitdem ich selbständig bin sogar überwiegend. Da kaufe ich automatisiert, egal ob die Kurse günstig sind oder höher stehen. Sparpläne sind das ideale Einsteigerinstrument. Man ist auch flexibel, kann die Sparraten erhöhen, absenken und Anteile jederzeit verkaufen. Wer sich nicht viel um seine Geldanlage kümmern will, ist damit gut bedient. Sie sollten Grundlage in jedem langfristigen Depot sein.

Was fehlt Ihnen noch an ETFs?

Praktisch nichts mehr. Die Finanzbranche ist extrem erfinderisch und innovativ. Jeder findet, was er braucht. Zugestanden, bei den Anleihen ist die Auswahl noch nicht überall so groß, aber das Angebot wächst. Auch die Klagen über ein zu großes Angebot kann ich nicht nachvollziehen. Wettbewerb belebt das Geschäft. Das finde ich wunderbar.

Wenn ich bei Ihnen im Seminar säße, dann würde ich fragen, und das tue ich auch hier: Wie geht es weiter an den Börsen 2025. Läuft die Trump-Rallye weiter?

Wir haben zwei gigantische Jahre an den Börsen, beim Dax aber noch stärker beim S&P 500. Da wird es unweigerlich irgendwann Rücksetzer geben. Die Trump-Rallye mag noch ein paar Monate weiterlaufen. Aber wenn seine angekündigten Zölle kommen, wenn die Branchen in Europa und Asien leiden, wenn es Gegenmaßnahmen gibt und ein veritabler Handelskrieg sich entwickelt, wird es schwieriger werden. Ich denke, 2025 wird ein herausforderndes Jahr. Aber ich bin Rheinländerin und mithin immer optimistisch. Ich denke, auch im neuen Jahr wird es Gewinne an den Börsen geben, doch der Weg dahin wird steiniger und turbulenter.

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